Schnecken schmecken: Risotto alle lumache

Als kulinarisch interessierter Mensch stößt man immer wieder an die eigenen Grenzen des guten Geschmacks. Sei es Gemüse, das man als Kind nicht mochte und bis heute meidet, oder weniger gängige Zubereitungsarten, die man aus Bequemlichkeit immer ausgelassen hat. Neugierig bleiben, ausprobieren, lautet normalerweise meine Devise. Aber was, wenn es darum geht, Insekten zu essen? Ist eine Heuschrecke tatsächlich weniger appetitlich als ein Schwein aus Massentierhaltung? Ein Filet besser als Innereien? Und wie schmecken eigentlich Schnecken? Diese Frage habe ich mir vor kurzem wieder einmal selbst gestellt, als ich bei einem Spaziergang nach einer regnerischen Nacht quasi über die Tiere gestolpert bin.

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Um der Wahrheit die Ehre zu erweisen:  Irgendwie hat mich das Thema Schnecken seit der „Schlüpfrige Scheißerchen“-Szene aus „Pretty Woman“ gereizt. Also einfach ein paar Tiere auflesen und zuhause verspeisen? Tut man nicht, darf man natürlich auch nicht: Weinbergschnecken sind in Österreich seit Mitte der 80er geschützt und dürfen nicht in freier Natur eingesammelt werden. Dann eben schnell mal einlesen und informieren: Dass Wien bis Anfang des 20. Jahrhunderts eine wahre Schneckenhochburg war, lese ich, und dass die Kriechtiere – nicht Fisch, nicht Fleisch – vor allem als Fastenspeise beliebt waren. Rezepte für schlamperte Schnecken und gebackene Schnecken nach Esterhazy-Art standen bis vor gar nicht allzu langer Zeit noch an der Tageskartenordnung. In Frankreich und Italien gelten Weinbergschnecken auch heute noch als Delikatesse. Na bitte, immerhin. Auch vom ernährungswissenschaftlichen Standpunkt sind Schnecken durchaus interessant: Das Muskelfleisch hat vier Mal so viel Eiweiß wie Rind und ist reich an Omega-3-Fettsäuren. Nahrhaft und dabei auch noch nachhaltig in der Produktion – klingt schon einmal gar nicht schlecht.

Weinbergschnecke | lacapocuoca.at
Nach ein bisschen Recherche war schnell klar, dass man Schnecken problemlos tiefgefroren zu kaufen bekommt. Aber nicht nur das: Es gibt in Wien tatsächlich einen Bauernhof, wo die Kriecher gezüchtet werden und dann fertig entschleimt und gekocht in den Handel kommen. Womit wir bei der Suche nach einem passendem Rezept für mein erstes Schnecken-Mahl wären. Ich habe mich hier bewusst auf gewohntes Terrain begeben und einen klassischen Risotto zubereitet, den ich dann mit ein paar Schnecken und leicht scharfem Brunnenkresse-Pesto veredelt habe. Mein Fazit: Traut euch ruhig! Schnecken schmecken. Und geben dem Begriff slow food eine ganz neue Bedeutung.

Zwiebel | lacapocuoca.atBrunnenkresse | lacapocuoca.atRisotto mit Schnecken | lacapocuoca.atRisotto mit Schnecken | lacapocuoca.at


ZUTATEN: (für vier Portionen)

  • 4 EL Olivenöl
  • 1 Schalotte
  • 1 Karotte
  • 1 Stange Stangenzeller
  • 400 g Risottoreis (Carnaroli oder Vialone nano)
  • 200 ml trockener Weißwein
  • 1,2 l Gemüsebrühe
  • 30 g kalte Butter
  • 3 EL Parmesan
  • 20 Weinbergschnecken, fertig gegart
  • 40 g Brunnenkresse
  • 1 kleine Zehe Knoblauch

Weinbergschnecke | lacapocuoca.at
ZUBEREITUNG:

Die Schalotte, die Karotte und den Stangenzeller fein hacken. Das Olivenöl in einem ausreichend großen Topf erhitzen und das fein gehackte Gemüse darin anbraten. Den Reis einstreuen und kurz mitbraten bis er glasig ist, dabei aber nicht bräunen lassen. Den Weißwein dazu gießen und verdunsten lassen. Dann die heiße Suppe angießen und den Reis bei schwacher Hitze rund 12 – 15 Minuten (je nach Sorte) garen. Gelegentlich sanft umrühren. In der Zwischenzeit die Brunnenkresse waschen und gut abtrocknen. Zusammen mit dem Knoblauch mithilfe eines Stabmixers zu einem groben Pesto verarbeiten.

Am Ende der Garzeit – der Reis sollte noch ganz leicht Biss haben und der Risotto noch flüssig sein – die kalte (!) Butter und den geriebenen Parmesan einrühren und mit einem Kochlöffel (im Idealfall mit einem kleinen Loch in der Kelle) ordentlich durchrühren. Im Italienischen wird dieser Vorgang “mantecare” genannt, nur so bekommt der Risotto seine sämige Konsistenz. Einige Minuten ziehen lassen. Die Schnecken und das Brunnenkressepesto untermengen und sofort servieren.

Verfasst von

...auf der Suche nach la dolce vita

15 Kommentare zu „Schnecken schmecken: Risotto alle lumache

  1. spannendes rezept! ich hab einmal vor jahren schnecken gegessen, mit knoblauchbutter. der geschmack war nicht sehr prägnant, aber dadurch ergeben sich ja viele einsatzmöglichkeiten… lg, carina

  2. Wow, respekt. Ich hab mich noch nie getraut, schnecken zu probieren.. keine ahnung warum, schrimps sind ja auch nicht wirklich schöner :-)

  3. Super, dass du das ausprobiert hast! Ich nehme auf jeden Fall das Risotto, aber auf die „schlüpfrigen Scheißerchen“ (herrliche Szene!) verzichte ich. Ich hab mal Austern probiert und oje… das mochte ich so gar nicht. Ich vermute mal, dass Schnecken so ähnlich sind, oder? Liebe Grüße, Miriam

  4. Ich habe vor ein paar Jahren mal welche probiert. Ich fand sie schmecken nicht schlecht, aber mit der Konsistenz (insbesondere bei den Hörnern (nennt man die so?)) konnte ich mich nicht so richtig anfreunden. Vielleicht probiere ich sie in ein paar Jahren noch mal – manchmal ändern sich Geschmäcker ja auch mit der Zeit, aber im Moment ist das nichts, was ich für mich zubereiten würde ;-)

    1. meinst du die fühler? ja, bisschen überwindung kostet es sicher, aber manchmal challenge ich mich ein bisschen selbst :) (hab deinen kommentar grad erst aus dem spam ordner gefischt.. dieses wordpress 😆)

  5. Als Kind habe ich Schnecken geliebt – vor allem aber wegen der vielen Kräuterbutter, in der sie ertränkt wurden ;) Heute bleibe ich bei Kräuterbutter und Baguette, die Schnecken überlasse ich anderen. In der Pfalz sind Schnecken übrigens noch sehr beliebt, dort stehen sie in einigen Gasthäusern noch auf der Karte.

    1. ich glaube mich auch dunkel daran erinnern zu können, dass ich als kleines kind in italien auch mal eine schnecke probiert habe. in wien kriegt man sie kaum irgendwo in der gastronomie, wobei sich in den vergangenen jahren diesbezüglich ein bisschen was tut…

  6. Als Kind habe ich Schnecken geliebt – vor allem aber wegen der vielen Kräuterbutter, in der sie ertränkt wurden ;) Heute bleibe ich bei Kräuterbutter und Baguette, die Schnecken überlasse ich anderen. In der Pfalz sind Schnecken übrigens noch sehr beliebt, dort stehen sie in einigen Gasthäusern noch auf der Karte.

  7. Man kann ja wohl fast alles essen. Muss man aber nicht. Ich trag‘ die Schnecken, die sich auf meine Terrasse verirren, lieber auch weiterhin zur Wiese bei der Post. Dorthin passen sie irgendwie sehr viel besser. *lach*

      1. Uuuh… gut, dass Du das so siehst und ich das hier bei Dir lesen kann. Wenn einer seine Zone für Schnecken verlässt, reicht es schon. ;)

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