Auf dem Holzweg

Ein leiser Wind haucht zärtlich durch die Äste. Die raschelnden Blätter brechen das goldene Herbstlicht und werfen tanzende Schatten auf den feuchten Waldboden. Die Luft wiegt schwer von erdig süßen Aromen, denen der starke Regen der vergangenen Tage noch mehr Kraft gegeben hat. Ich verlasse den angezeichneten Weg und verliere mich in einem Meer aus Sinneseindrücken.

Wer einmal in die mystische Atmosphäre des Waldes eintaucht, findet sich schnell in einer ganz anderen Welt wieder. Einer Welt, in der ureigene Gesetze gelten.

Bäume sind Heiligtümer. Wer mit ihnen zu sprechen, wer ihnen zuzuhören weiß, der erfährt die Wahrheit. Sie predigen nicht Lehren und Rezepte, sie predigen, um das Einzelne unbekümmert, das Urgesetz des Lebens.

Hermann Hesse
Kreuzspinne | lacapocuoca.at

Mit allen Sinnen durch den Wald wandern fühlt sich tatsächlich wie eine Art Meditation an. Ein großes Lehrbuch breitet sich mit jedem Schritt mehr und mehr auf und hinterlässt sein sanftes Wissen im Kopf wie frisches Harz. Eigentlich bin auch ich nur hier um die Heilkräfte der Natur aufzusaugen und meine angespannten Großstadtnerven zu beruhigen. Ein unverkennbarer Geruch hat meine Sinne aber schnell auf Jagd ausgerichtet.

Shinrin-yoku, auf Deutsch “Baden in der Waldluft”, mag eine sehr angesagte Naturheilmethode aus Japan sein. Die Pilze fordern aber bald meine gesamte Aufmerksamkeit. Ich staune über riesige Parasole, stolpere zwischen moosbewachsenen Ästen mehr zufällig über leuchtende Eierschwammerl und freue mich wie ein kleines Kind über den ersten Steinpilzfund.

SteinPilze Wald | lacapocuoca.at

Dabei geht es mir bei meiner Jagd bald gar nicht mehr in erster Linie um Kategorien wie genießbar oder ungenießbar. Auch nicht primär um spektakuläre Optik oder Seltenheitswert. Das Suchen und Finden sind für mich Antrieb genug. Immer wieder wird mir dabei bewusst, dass ich den Wald vor lauter Pilzen nicht sehe. Dann versuche ich mich auf andere Dinge zu konzentrieren, schaue den Waldameisen bei ihrem geschäftigen Treiben zu oder lausche dem Klopfen eines Spechts.

Aber schon springen mir wieder neue Pilze ins Auge. Manche stehen noch voll im Saft oder brechen gerade erst durch den Waldboden, manche verrotten bereits still vor sich hin. An den meisten haben schon hungrige Tiere ihre Spuren hinterlassen. Schön sind sie eigentlich alle. Aber eines wurmt mich dann doch ein bisschen: Dass ich nirgendwo einen Fliegenpilz entdecken kann. Mit etwas Glück werde ich in den nächsten Wochen vielleicht doch noch fündig. Wahrscheinlich dann, wenn ich aufhöre zu suchen.

Pilze Wald Parasol | lacapocuoca.at
Waldameise | lacapocuoca.at

Pilze gehören weder zu den Pflanzen noch zu den Tieren, sondern bilden innerhalb der biologischen Klassifikation ein eigenes Reich, das der Fungi. Schätzungen gehen von bis zu 5 Millionen verschiedenen Arten weltweit aus, von denen aber bis dato nur rund 100.000 identifiziert sind.

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...auf der Suche nach la dolce vita

6 Kommentare zu „Auf dem Holzweg

  1. die welt der pilze ist wirklich faszinierend… war selbst leider schon ewig nicht mehr schwammerl suchen, bin auch keine besondere kennerin ;) lg und genieß den wald noch!

  2. das ist ja eigenartig, ich finde ständig nur fliegenpilze, obwohl ich eigentlich essbare pilze suche. nicht ärgern, du findest auch schon noch welche :)

  3. ich liebe spaziergänge im wald, besonders im herbst! die lichtstimmung ist richtig magisch… essbare pilze finde ich leider eher selten, bei uns gibt es hauptsächlich mischwälder. macht aber nix!

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